Heinrich Ernemann aus Gernrode

Unternehmer und Erfinder in der Foto- und Kinogeräteindustrie, sowie Gründer der Ernemann-Werke AG in Dresden

Heinrich Ernemann kann als Pionier und Gründer eines der bedeutendsten europäischen Unternehmen der Fotoindustrie bezeichnet werden. Ernemann hatte es geschafft, aus einfachen Verhältnissen aus dem Eichsfelddorf Gernrode stammend, mit Entschlossenheit und Weitblick zum Weltmarktführer zu werden.

Geboren wurde Heinrich Ernemann am 28. Mai 1850 in Gernrode im Eichsfeld, als unehelicher Sohn der Magd Catharina Ernemann und des Bauern Josef Brodmann. Seine Mutter heiratete zwar noch vor seiner Geburt den Weber Johannes Günther, doch Heinrich blieb offiziell ein „uneheliches Kind“, was ihm als Makel dauerhaft anhing. 1861 starb sein Stiefvater und seine Mutter musste allein für mehrere Kinder sorgen.

Von 1856 bis 1864 besuchte er die Volksschule in seinem Heimatort. Mit 16 Jahren verließ er Gernrode und arbeitete bis 1873 bei der Firma Krupp in Essen – eine Beziehung, der später noch große Bedeutung zukommen sollte. 1873 siedelte er nach Pirna um und besuchte die örtliche Handelsschule. Dort lernte er auch seine spätere Frau Therese Grafe aus Dresden kennen, die er Silvester 1875 in der Kreuzkirche heiratete.

Anfang 1876 übernahm er das Kurzwarengeschäft seiner Schwiegermutter in Dresden, in dem er 14 Jahre lang arbeitete. Durch sparsame Lebensführung und kluges wirtschaftliches Handeln gelang es dem Ehepaar, ein kleines Vermögen anzusparen. 1888 verkauften sie ihr Geschäft und nutzten den Erlös von 7.500 Mark als Startkapital für die „Dresdener photographische Apparate-Fabrik Ernemann & Matthias".
1891 übernahm Ernemann das Unternehmen vollständig.
1892 erhielt er das erste von insgesamt 213 Patenten auf eine von ihm neu entwickelte Kamera.
1897 legte Heinrich Ernemann den Grundstein für einen Gebäudekomplex in der Schandauer Straße, das später zum Stammhaus wurde.
Die Expansion des Unternehmens erwies sich als äußerst erfolgreich.
1899 übernahm er die Görlitzer Kamerawerke Ernst Herbst & Firl und erweiterte so das Sortiment. Im gleichen Jahr wandelte er sein Unternehmen in eine Aktiengesellschaft um.
1903 brachte die Ernemann AG die ersten Filmaufnahmegeräte auf den Markt, darunter den „KINO I“. Auch Zubehör für Amateur- und Profifotografen konnte bei Ernemann bezogen werden.
1909 kam der erste Stahl-Kinoprojektor “Imperator“ auf den Markt.

1913 begann man mit dem Bau eines neuen Produktionskomplexes in der Schandauer Straße.
Besonders markant war bzw. ist dabei Gebäudesilhouette, besonders der Eckrisalit mit dem ovalen 50 m hohen Ernemann-Turm, damals zur Sternenbeobachtung, heute das Turm-Café der TS Dresden.

Der Turm gilt nicht nur als Wahrzeichen für Dresden, sondern war auch das Markensymbol der “VEB Pentacon“, Nachfolger der Ernemannwerke in der DDR.

1915 entwickelte Ernemann die erste Zeitlupenkamera, die in Dresden hergestellt wurde.
Im Jahr 1921 ging Ernemann eine strategische Partnerschaft mit Krupp ein und gründete die „Krupp-Ernemann Kinoapparate AG“, um hochwertige Kinoausstattungen auch weltweit vertreiben zu können.

Nach dem Ersten Weltkrieg führten Inflation sowie die Einführung der Rentenmark zu einer ungesunden Marktkonkurrenz. Notgedrungen wurde unter Führung der Carl-Zeiss-Stiftung Jena eine weitere Fusion angestrebt: Die Ernemann AG schloss sich 1926 an – es entstand die ZEISS IKON AG Dresden.

Heinrich Ernemann wurde Mitglied im Aufsichtsrat; sein Sohn Alexander übernahm die Leitung der Projektoren-Produktion. Die Ernemann-Werke-AG existierte fortan nicht mehr eigenständig; aber den Gesetzen der Marktwirtschaft folgend, sicherte er so seine Produktionsstätten in Dresden und die Firma wuchs enorm.
Am 16. Mai 1928 starb Heinrich Ernemann in seinem Haus in Hartha bei Dresden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen in der sowjetischen Besatzungszone zerschlagen.
Die in Westdeutschland ansässigen Teile wurden weitergeführt, während in Dresden, unter sowjetischer Verwaltung, ein Volkseigener Betrieb (VEB) entstand.
Später wurde er in die „VEB PENTACON Dresden“ umfirmiert.

Auch nach seinem Tod lebten seine Ideen weiter: Von den ersten Plattenkameras bis zu heutigen digitalen Modellen vergingen nur rund 125 Jahre – eine erstaunliche Entwicklung innerhalb eines so kurzen Zeitraums.

Für die Zusammenstellung der Informationen danken wir Herrn Gerhard Conrad und Herrn Günter Liebergesell aus Heiligenstadt (www.heiligenstaedter-gmv.de).

Übrigens: In Blickrichtung zum Denkmal rechts, in nur 100 m Entfernung, steht das Geburtshaus von Heinriche Ernemann.

Hinweis zur rechten Seite des Denkmals:

„Ernemann VIIb“ war das Flaggschiff der Ernemann-Projektoren.
Die Bauform vereinte erstmals Bild- und Tonlaufwerk in einem Gehäuse und bot durch ein leistungsfähiges Lampenhaus hervorragende Möglichkeiten für nahezu alle kinotechnischen Anforderungen. Wie alle Modelle mit dem Traditionsnamen „Ernemann“ verfügte auch dieses Exemplar über eine kombinierte Luft-Wasser-Kühlung der Filmbahn, wodurch der Film unter kontrollierter Temperatur blieb. Die Maschine zeugt von jahrzehntelanger Erfahrung und technischer Raffinesse, sodass Kinotechniker und Filmvorführer bis heute von ihrer Zuverlässigkeit und einfachen Bedienung begeistert sind. Ihre filmtechnischen Eigenschaften und die Fertigungsqualität setzen Maßstäbe, die auch in heutigen Anwenderkreisen noch geschätzt werden. Bis 1951 wurde der Projektor in großer Stückzahl gefertigt und noch bis in die 1980er Jahre war er nicht nur in der DDR in Betrieb.